Nach Wochen ungeheurer Spannung begann am 1. September 1939 mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen der 2. Weltkrieg. Anders als zu Beginn des

1. Weltkrieges gab es nirgendwo Jubelstimmung, eher ein Gefühl der Beklemmung und dunkler Ahnungen. Doch der schnelle Sieg in Polen verscheuchte bei vielen bald wieder die Sorgen, zumal er unter unseren Gemeindegliedern an der Front keine Opfer gefordert hatte. Das Gemeindeleben konnte in gewohnter Weise weitergehen, da es noch keine Luftangriffe gab. Bei den Kämpfen des Jahres 1940 in Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich waren dann die ersten Opfer innerhalb der Gemeinde zu beklagen, deren in Gedächtnisgottesdiensten ehrend gedacht wurde.

Ruhig verlief auch noch im Innern die Zeit vom Juli 1940 bis zum Juni 1941. Das Kriegsgeschehen hatte sich in den fernen Balkanraum verlagert, von wo sich die Siegesmeldungen überstürzten. Zwar hatte sich die Arbeit von Pfarrer Dr. Eichner vervielfacht, da Diakon Klughardt und Vikar Rupprecht vom 2. Gemeindesprengel zum Wehrdienst eingezogen waren, aber sonst wirkten die großen militärischen Erfolge weithin noch beruhigend, wenn nicht gar begeisternd.

Da wurde im sonntäglichen Waldgottesdienst des 22. Juni 1941 der deutsche Einmarsch in Russland bekannt, und die ganze Schwere dieses Schrittes ließ ein beklemmendes Gefühl der Ungewissheit und Unsicherheit aufkommen. Wieder gab es zunächst die großen Siege, wenn auch nicht in dem von der Führung erwarteten Tempo, aber im Dezember vor Moskau kam die erste große Wende, die die Gefallenen-Gedächtnis-Gottesdienste immer zahlreicher werden ließ.

Der Sommer 1942 schien noch einmal alle im vorhergehenden Winter aufgekommenen Besorgnisse Lügen zu strafen, aber die Katastrophe von Stalingrad machte mit fast einem Dutzend Opfern aus der Gemeinde den meisten jetzt doch den Ernst der Lage endgültig klar. Und doch war dies erst der Anfang der nicht mehr endenden Rückschläge an den Fronten, neben die seit August 1942 auch in Süddeutschland die alliierten Luftangriffe auf das Heimatkriegsgebiet traten.

Der erste, schon sehr schwere Angriff von 200 englischen Bombern brachte am 29. August 1942 kurz vor 0.30 Uhr nicht nur schwerste materielle Schäden, sondern forderte auch acht Todesopfer, darunter drei Gemeindeglieder. Dankbar versammelte sich die teilweise wunderbar vor Schlimmerem bewahrte Gemeinde am folgenden Sonntag zum Gottesdienst.

Der nächste schwere Luftangriff erfolgte in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1943. Drei Mitglieder der Familie Preißinger waren die Todesopfer.

Nach einer Ruhepause von über 4 Monaten traf am 11. August 1943 nachts um 1.00 Uhr der schwerste Angriff das Gemeindegebiet. Neben vielen anderen Gebäuden wurde auch das Pfarrhaus in der Komotauerstraße 83 vollkommen zerstört. Die Kirche selbst wurde erstmals aufs schwerste beschädigt. Mühevoll wurde sie in den folgenden Tagen wieder instandgesetzt, so dass sie zum Gottesdienst wieder benutzt werden konnte. Besondere Dienste leistete dabei ein Arbeitskommando von Landesschützen mit gefangenen russischen Offizieren.

Schon zweieinhalb Wochen später wurde bei einem englischen Nachtbomberangriff die Kirche wieder aufs allerschwerste so beschädigt, dass sie erst nach mühseligsten Reparaturarbeiten am 1. Advent 1943 wieder benützt werden konnte.

Nachdem die englischen Kampfverbände 1944 beim ersten Großangriff vom 31. März 137 Bomber -Höchstzahl des Krieges -im Raum Nürnberg verloren hatten, hatte die Gemeinde bis zum 10. September Ruhe, wo die Besucher des Hauptgottesdienstes auf dem Heimweg von einem amerikanischen Tagesangriff überrascht wurden, der zwar wieder große materielle Schäden verursachte, aber glücklicherweise keine Menschenopfer forderte.

Beim nächsten Großangriff vom 3. Oktober 1944 um die Mittagszeit wurde Gemeindeschwester Babette Herold verschüttet, aber von Schwester Martha Kühner herausgegraben und mit schweren Verletzungen geborgen. Schwester Martha selbst war in wunderbarer Weise bewahrt worden: Herr Strobel hatte ihr im Keller einen Stuhl angeboten; sie wollte jedoch einen aus ihrem eigenen Keller holen. Während sie weg war, tötete eine Sprengbombe Herrn Strobel und verschüttete Schwester Babette.

Die trotz mancher Bedenken durchgeführte Bibelwoche über Jesaja 40 bis 54 vom 22. bis 29. Oktober 1944 blieb wunderbarerweise frei von Fliegeralarmen.

Das Weihnachtsfest mit Christvesper und Festgottesdiensten sowie mit Krippe und Christbaum konnte bei großem Zuspruch der Gemeinde ordnungsgemäß gefeiert werden, aber den 24. Dezember störten doch 8 Alarme.

Der 2. Januar 1945 brachte dann den schwersten und furchtbarsten Luftangriff auf Nürnberg und unsere Gemeinde. Die Altstadt sank zwischen 19 und 20 Uhr abends in Schutt und Asche. Etwa 2000 Tote wurden aus den Trümmern geborgen. Aber auch Zerzabelshof und seine Kirche wurden wieder sehr stark beschädigt. Dennoch gelang es einigen Männern, den Bibelstundenraum so zu flicken, dass darin am nächsten Sonntag wieder Gottesdienst gehalten werden konnte. Allerdings gab es auch wieder zehn Bombenopfer.

Die Konfirmanden halfen mit Zimmerleuten die Kirche wieder herzurichten. Die Zahl der Gottesdienstbesucher wuchs von Sonntag zu Sonntag. Auch die Jugendarbeit wurde wieder begonnen.

Bitter war bei dem Angriff vom 20. Februar 1945 der Tod der 17 jährigen Kindergottesdiensthelferin und Jugendleiterin Hedi Schuster in einem Splittergraben.

Herrnscheidstr_2WKMit einer größte Zerstörung im weiten Umkreis um die Ecke Fallrohr-Herrnscheidstraße bringenden englischen Luftmine in der Nacht vom 17. auf 18. März 1945 setzte der nervenbelastende jahrelange Luftkrieg für Zerzabelshof seinen verheerenden Schlusspunkt. Und doch fand am folgenden Tag die Konfirmation von 29 Kindern in unserer Kirche statt. Nur der Einzug war von einem Kleinalarm gestört.

 

Das Ende

Der folgende Monat brachte bei stetigem Näherrücken der feindlichen Truppen von Norden, Nordosten und Osten fast ständigen Kleinalarm. Die Spannung der nicht aufs Land geflüchteten Bevölkerungsteile erreichte am 15. April - dem Sonntag Misericordias Domini, "Erbarmen des Herrn", - ihren Höhepunkt, als aktive Truppen die Straßen der Gemeinde in Verteidigungszustand mit dem Ausbau von MG-Nestern, Widerstandsnestern und Stützpunkten setzten, und schon am 16. April gegen 12.30 Uhr erfolgte mit einem langgezogenen Heulton Feindalarm, da der Gegner von Osten (!) her in den Stadtbereich eingedrungen war. Vom Reichswald und von der Regensburger Straße her stieß er mit erdrückender Waffenüberlegenheit am 17. April in das Gebiet der Gemeinde herein. Ihre Glieder konnten nur in den Kellern und Bunkern dem Ende der Kampfbandlungen entgegenbangen. Panzereinschüsse richteten nochmals in der Waldluststraße größte Schäden an. Neben dem neuen Pfarrhaus in der Forstmeisterstraße durchschlug eine Panzergranate die Stirnseite des Hauses Nr. 4. Pfarrer Dr. Eichner, der vor dem Hause stand, blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Sonst aber gab es noch bittere Verluste unter den deutschen Soldaten und der Zivilbevölkerung.

Als sich am 18. April gegen 9 Uhr die deutschen Truppen aus dem Wald und der Forstmeisterstraße in die Kritzstraße zurückzogen, lag das Gemeindegebiet im Niemandsland. "Ein banges Gefühl der Schutzlosigkeit und Einsamkeit konnte einen ergreifen" (so Otto Strunz in seinem Bericht). Gegen 11.30 Uhr tauchten dann die ersten amerikanischen Soldaten auf, die wegen eines verbliebenen Widerstandsnestes in Einzeltrupps aufgeregt die Keller nach deutschen Soldaten durchsuchten. Bald sammelten sich erregte Gruppen von Zivilisten auf den Straßen des Gemeindebereichs. Gegen Abend begannen schließlich die ersten Hausdurchsuchungen nach Waffen. Beute der Durchsuchenden wurden allerdings auch Uhren, Ringe, Andenken, Fotos und dergleichen.

Übergriffe ereigneten sich immer wieder in diesen ersten Tagen, aber im Großen und Ganzen blieb die Gemeinde vor größeren Ausschreitungen bewahrt. Straßenstreifen und Einquartierungen bewirkten, dass sich Freund und Feind schnell aneinander gewöhnten. Das größte Problem wurden jetzt jedoch die vom Gegner freigelassenen Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter, die teilweise in zügellosen Plünderungszügen ihren aufgestauten Hass-und Rachegefühlen freien Laufließen. Doch gab es auch Fälle, dass menschlich behandelte Gefangene ihren zugewiesenen Arbeitgebern gegen Übergriffe beherzt zu Hilfe kamen.

 

Bild

1) Herrnscheidstrasse bei Kriegsende


Lesen sie wie es nach dem 2. Weltkrieg mit unserer Gemeinde weiterging im Artikel "Der Neubeginn 1945"